Jakob Zürrer, Gründer der Traditionsfirma Weisbrod-Zürrer AG, Gründungsmitglied und Marktpartner von Swiss-Silk.
Foto: Archiv Weisbrod-Zürrer AG
Die Seidenproduktion und der Seidenhandel haben in der Schweiz eine lange Tradition. Sie ist in Zürich bereits ab dem 14. Jahrhundert belegt. Bereits im 16. Jahrhundert brachten protestantische Locarneser Glaubensflüchtlinge viel Wissen zur Seidenverarbeitung nach Zürich. Unter ihnen befanden sich die Gründerfamilien der Zürcher Seidenindustrie.
Nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes 1685, flüchteten erneut viele protestantische Glaubensflüchtlinge, Hugenotten, aus Frankreich in die protestantischen Kantone der Schweiz und brachten neues Lyoner Seiden-Know-How mit. Mit ihrer Erfahrung im Seidenhandel und Produktion trugen sie wesentlich zum Wiederaufleben der Seidenindustrie in Zürich und Basel bei. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren die „Seidenhöfe“ in Zürich weltberühmt und um 1900 war die Seidenindustrie einer der bedeutendsten Industriezweige der Schweiz.
Die Seidenverarbeitung erreichte zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihren Höhepunkt. Nach der grossen Weltwirtschaftskrise der 30er-Jahre konnte die Schweizer Textilindustrie auch in Hochkonjunkturen nicht mehr zum alten Glanz zurück finden. Die Bedeutung sank kontinuierlich. Einige Nischen konnten sich allerdings bis heute behaupten und geniessen noch heute einen ausgezeichneten Ruf.
Quellen: Oliver Weisbrod, Ueli Ramseier
Foto: Seidengarn des Swiss-Silk Partners Minnotex.
Förderung des Wissens über Seide
Die Zürcherische Seidenindustrie Gesellschaft ZSIG besteht seit 1854 und fördert das Wissen im Bereich der Seide. Auf ihrer Webseite finde Sie spannende historische Fakten und Projekte zur Seide in der Schweiz. Mehr lesen
Wir danken der ZSIG für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung beim Aufbau und der Weiterentwicklung von Swiss-Silk.
Foto: Archiv des Swiss-Silk Partners Camenzind
Forschung zur Zürcher Seidenindustrie
Unter der Leitung von Prof. Dr. Alexis Schwarzenbach, durch die Förderung der ZSiG und des Lotteriefonds des Kantons Zürich, werden an der Hochschule Luzern Aufstieg, Niedergang und Erbe der Zürcher Seidenindustrie erforscht.
5000 Jahre Chinaseide
Es soll die chinesische Kaiserin Se-ling-schi gewesen sein, die im dritten Jahrtausend vor Christus Seidenkokons in ihrem Garten entdeckte. Sie soll auch herausgefunden haben, wie man Raupen züchtet und aus den Kokons Fäden spinnt. Se-ling-schi wurde zur Schutzherrin der Seidenraupe und bald sogar als deren Göttin verehrt.
Chinas Geheimnis erreicht Europa
Es gibt viele Geschichten darüber, wie die Seidenraupe nach Europa gelangt ist. Die bekannteste ist jede der zwei Mönche, die im Jahr 522 nach Byzanz gewandert seien und Maulbeerbaumsamen sowie die Eier des Seidenspinners in ihren Spazierstöcken geschmuggelt hätten. Damit soll die Seidenraupenzucht im Mittelmeerraum begonnen haben.
Bild: New World Encyclopedia
Europäische Seidenmetropolen
Als man in Byzanz wusste, wie die Chinesen Seide herstellen, konnten es auch bald die Griechen und die Araber. Die Araber gründeten ihre Werkstätten im achten Jahrhundert in Spanien. So waren auch die Spanier eingeweiht. Von den Arabern erfuhren es um 950 nach Christus auch die Italiener. In Palermo wurde die erste Werkstatt für Seidenstoffe und Seidengewänder gegründet. Die nächsten Seidenzentren waren in Lucca und Venedig. Dann Florenz, Genua, Pisa und Bologna. Das Geschäft mit der Seide blühte. Bis ins 16. Jahrhundert blieb Italien führend in der Seidenproduktion. Die Italiener entwarfen die schönsten und aufwändigsten Muster.
Anfangs importierten die Franzosen die italienische Seide. Der wichtigste Umschlagplatz war Lyon. Die Nachfrage nach Seide stieg immer mehr an. Da ließ Louis XI. im Jahre 1470 eine eigene Seidenproduktion aufbauen. Rohseide wurde importiert und italienische Weber mit lukrativen Angeboten nach Frankreich gelockt. Eigene Webmuster gab es nicht, man kopierte die italienischen. Das änderte sich, als das Musterweben mit einem verbesserten Webstuhl leichter wurde. Damit erlebte die französische Seidenproduktion einen riesigen Aufschwung.
Foto: Musée de la soie
Geburt der Chemischen Industrie
Mitte des 19. Jahrhunderts mussten die italienische und die französische Seidenproduktion einen schweren Rückschlag hinnehmen: Ab 1854 vernichtete die so genannte Fleckenkrankheit die Seidenraupen in ganz Europa. Ein Mittel dagegen gab es nicht. Der französische Bakteriologe Louis Pasteur forderte alle Tiere zu töten. Dann solle man gesunde Tiere aus Asien holen und damit neu züchten. Zukünftig solle man vor allem auf eine bessere Hygiene achten. Das war die einzige Lösung, aber sie ruinierte viele Betriebe.
Zur gleichen Zeit erfuhr dagegen eine andere Industrie durch die Lyoner Seidenfärber den entscheidenden Anstoß: Bis zu dieser Zeit färbte man hauptsächlich mit Pflanzenfarben. Als 1856 der junge Engländer William Henry Perkins den ersten synthetischen Anilin-Farbstoff herstellte, wollte den im konservativen England keiner haben. Die Lyoner Seidenfärber waren begeistert. Der violette Farbstoff „Mauvein“ wurde um 1860 zur Modefarbe. Es begann ein Ansturm auf neue Anilin-Farben. Farbenfabriken wurden gegründet: die Badische Anilin und Sodafabrik BASF, die Farbwerke Höchst, die Aktiengesellschaft für Anilinfarben-Fabrikation AGFA. In der Schweiz gründete der Seidenweber Alexander Clável das Chemiewerk CIBA. Somit trugen die Seidenfärber entscheidend zur Gründung der europäischen Chemieindustrie bei.
Quelle: Bärbel Heidenreich; Redaktion: Christoph Teves. Auf Planet Wissen